Herde ohne Hirten

Sich eine Herde ohne Hirten vorzustellen, fällt uns äußerst schwer. Aber eine Gemeinde ohne Pastor ist immerhin denkbar – oder? In den Kirchen werden solche Modelle diskutiert, angesagt und ausprobiert. Die pastorale Versor-gung auf dem Land wird so nicht mehr möglich sein, weil sie nicht mehr finanzierbar ist. Pastoren-mangel, schwindende Gliederzahlen, fehlende Finanzen provozieren eine Notlage, die sich in der nächsten Generation noch verschärfen wird. Kirchen werden aufgegeben, entwidmet, abgerissen, verkauft, anders genutzt. Es werden „pastorale Räume“ geschaffen, Großgemeinden in denen Gottesdienstbesuchern Kirchwege von über 20 km zugemutet werden (Mölln-Bad Schwartau sind 50km) oder, wenn die Kirchen gehalten werden können, wird der Gottesdienst monatlich angeboten. Doch es stellt sich die Frage: Was ist mit den Menschen vor Ort, was ist mit den Gemeinden? Herden ohne Hirte zerstreuen sich. Wird es kleinen Gemeinden auch so gehen?

Beides ist richtig: In unserer mobilen Zeit sind Kirchwege zumutbar. Wenn man schon für eine Zigarette meilenweit geht, dann kann man auch für die Gemeinschaft am Altar Wege auf sich nehmen. So tun wir es für alles, was uns wichtig ist.  Und

das andere: Gemeinden müssen Gemeinden bleiben. Sie sind der Leib Christi am Ort. Und es gibt nun einmal kleinere oder größere Gemeinden. Es gibt aber auch wachsende oder schrumpfende Gemeinden. Was ist, wenn eine Gemeinde klein und kleiner wird und keine Zukunft mehr sieht? Ja, es haben sich auch schon Gemeinden aufgelöst oder mit anderen zusam-mengeschlossen.

Angefangen hat die Kirche mit Haus-gemeinden. Erst nach gut 300 Jahren durften Kirchen gebaut werden. Aber Hirten, Pastoren, Gemeindeleiter hat sie von Anfang an gehabt.   

Die Herde braucht einen Hirten, damit sie geweidet wird, damit sie beieinander bleibt, damit sie wächst. So will es Christus auch für seine Gemeinden, „damit die Heiligen zugerüstet werden zum Werk des Dienstes“ (Eph. 4, 11f).

Wie viele Gemeindeglieder sind nötig, um einen Hirten zu unterhalten? Das liegt ganz an der Gebefreudigkeit. Wenn z.B. 10 Familien den Zehnten geben, ist eine Stelle geschaffen. Wenn es 100 tun, kann gebaut werden,  200 - 400 Gemeindeglieder könnten schon richtig was auf die Beine stellen.

Eine Kirche ohne vollzeitliche Pastoren kann ich mir nicht vorstellen, es sei denn, es gäbe bald nur noch Hausgemeinden.            ek