Hirtenwort des Bischofs

Flüchtlinge willkommen heißen - Christentum und Islam in Europa 

Zur gegenwärtigen Debatte um Fremdenfeindlichkeit und zum Verhältnis von Christentum und Islam in Europa hat Bischof Hans-Jörg Voigt ein Hirtenwort veröffentlicht. 

Überraschend geht er dabei von der These aus, dass die Trennung zwischen Staat und Kirche, zwischen Religion und Politik in den westlichen Gesellschaften der entscheidende Ertrag einer blutigen Geschichte sei. Diese grundlegende Unterscheidung werde auch von Luther und den Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche vertreten. Es gelte, dies verstärkt in die gesellschaftlichen Debatten einzutragen. 

Voigt legt außerdem dar, dass die drei bekannten Schlagworte der Französischen Revolution - Liberté, Égalité, Fraternité | Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit - einen christlichen Hintergrund hätten, auch wenn die Französische Revolution ein kirchenfeindliches Ereignis gewesen sei. Von daher erschließe sich auch die grundlegende Bedeutung von Religionsfreiheit und Pressefreiheit. Wörtlich heißt es: „Lassen wir uns deshalb nicht hinreißen zu undifferenzierter Medienschelte. Journalisten erfüllen eine wesentliche Aufgabe in unserer Gesellschaft, weil und wenn sie genau beobachten, Hintergründe aufdecken und kritisch berichten.“ Ausgehend vom Begriff der Freiheit, die immer an der Freiheit anderer ihre Grenzen habe, schreibt der Bischof: „Die Debatte ist deshalb trotz des durch nichts zu rechtfertigenden Mordangriffs auf die Mitarbeiter der französischen Satirezeitschrift zu führen, welche Grenzen der Pressefreiheit hinsichtlich der Verletzung religiöser Gefühle gesetzt sind.“ 

Der leitende Geistliche ruft zu Begegnungen mit Muslimen auf, da auf diese Weise die oft unbestimmten Ängste abgebaut werden könnten. Dennoch gelte es, auch gegenüber Muslimen mit Respekt und Demut den christlichen Glauben zu bezeugen. Auch sei es in solchen Gesprächen immer wieder erforderlich, auf die entscheidende Bedeutung der Religionsfreiheit aufmerksam zu machen, die immer zuerst die Freiheit der Andersdenkenden sei. Wörtlich heißt es: „Aber auch auf die notwendige Unterscheidung zwischen Religion und Politik, einer zumindest historisch wahrnehmbaren Tendenz islamischer Strömungen zur Ausbreitung durch Gewalt und ein in vielerlei Hinsicht problematisches Frauenbild weisen wir in Gesprächen mit dem Islam hin, wann immer es möglich ist.“

Das Hirtenwort ruft zudem klar dazu auf, Flüchtlinge weiterhin in Deutschland willkommen zu heißen. Auf eine Unterscheidung in Bürgerkriegsflüchtlinge und Wirtschaftsflüchtlinge könne sich die Kirche nicht einlassen, denn auch wirtschaftliche Not sei sehr existenziell. Niemand verlasse seine Heimat gern, schreibt Voigt - und stellt dar, dass die Vorgängerkirchen der SELK im 19. Jahrhundert in besonderer Weise die Erfahrung mangelnder Religionsfreiheit gemacht und damit zahlreiche Lutheraner die Erfahrung der Flucht gemacht hätten. In etlichen Gemeinden der SELK würde bereits eine aktive Flüchtlingsarbeit betrieben. Das Hirtenwort steht deshalb unter dem biblischen Leitwort Christi: „Ich bin ein Fremder gewesen und ihr habt mich aufgenommen.“ (Matthäus 25,35). 

Das Hirtenwort ist im Internet abrufbar: http://www.selk.de/download/Hirtenwort_01-2015.pdf (nach selk_news)